Rand-ABC-fiche, februari 2013
Einführung
Der erste Gordel fand am 27. September 1981 als Kooperation zwischen einem lokalen Radrennclub, lokalen soziokulturellen Vereinen und flämischen Aktionsausschüssen statt, die sich in der Arbeitsgruppe 'Wij houden van alle mensen die het Vlaams karakter van onze gemeente eerbiedigen' ('Wir mögen alle Menschen, die den flämischen Charakter unserer Gemeinde ehren') zusammengeschlossen hatten. Sint-Genesius-Rode, damals die einzige der sechs Fazilitätengemeinden mit einer niederländischsprachigen Mehrheit, war Ausgangspunkt eines Radrennens, das die Aufmerksamkeit auf die Problematik der Randgemeinden lenken wollte. In den nächsten Ausgaben entwickelte sich De Gordel zu einer Initiative mit einer breiteren Basis und ab 1983 wurde Bloso (Agentschap ter Bevordering van de Lichamelijke Ontwikkeling, de Sport en de Openluchtrecreatie; dt. Agentur zur Förderung der körperlichen Entwicklung, des Sports und der Erholung im Freien) der wichtigste Träger der Veranstaltung. Von etwa 1000 Teilnehmern bei der ersten Ausgabe wurde De Gordel zu einem Massenevent ausgebaut, zu dem sich Zehntausende Radfahrer und Läufer anmeldeten. 1993 wurde eine Rekordzahl von 112.655 Gordel-Teilnehmern erreicht.
Politische Untertöne
Die flämische Reaktion auf den Egmontpakt Ende der 1970er Jahre war einer der Auslöser für das Entstehen von De Gordel. Obwohl der Gemeinschaftspakt letztlich nicht verabschiedet wurde, waren die vorgeschlagenen Entgegenkommen an die französischsprachigen Eindringlinge im Rand um Brüssel und vor allem das Melderecht in den sogenannten Egmontgemeinden schlecht angekommen. Der im Anti-Egmontkomitee gebündelte Protest hatte in diversen außerparlamentarischen Aktionen eine breite Basis erhalten. Unter anderem führte er zur Aktion 'Waar Vlamingen thuis zijn' ('Wo Flamen zu Hause sind'). Unterstützt von einigen Gemeindeverwaltungen wollten die Veranstalter mit dieser Sensibilisierungsaktion sowohl die niederländisch- als auch die französischsprachigen Einwohner auf eine positive Weise davon überzeugen, den niederländischsprachigen Charakter der Gemeinden zu respektieren, ohne in den Aussagen „gegen etwas" zu sein oder die Botschaft auf radikale Weise verkünden zu wollen. Das Motto war 'Charmeren in plaats van protesteren' ('Mit Charme überzeugen statt protestieren'), denn eine defensive Kampagne hätte oftmals einen negativen Effekt gehabt.1 Weil die Gemeinden mit Sprachenerleichterungen etwas außerhalb des Aktionsgebiets der Kampagne von 'Waar Vlamingen thuis zijn' lagen, richtete sich die Arbeitsgruppe 'Wij houden van alle mensen die het Vlaams karakter van onze gemeente eerbiedigen' speziell an diese sechs Gemeinden. In den Kampagnen kamen Herzen zum Einsatz und auch auf den ersten Gordel-Plakaten und im ersten Gordel-Lied ertönte ein Lobgesang über diese sechs.2
De Gordel knüpfte also bei dem Ausgangspunkt an, die Situation in den flämischen Randgemeinden rund um Brüssel auf eine alternative und positive Manier in den Mittelpunkt des Interesses zu bringen, genauer: anhand einer Sportveranstaltung. Die Veranstalter wollten zugleich den flämischen und grünen Charakter der betreffenden Gemeinden betonen. Die Namensgebung beruhte daher auch auf dem Konzept des 'Grünen Gürtels' als Antwort auf die ungezügelte Verstädterung der Gemeinden Ende der 1960er Jahre und des 'Gordel van Smaragd' ('Smaragdgürtel'), der die Kulturzentren im Rand als Leuchttürme niederländischer Kultur betonte. Obgleich der Charakter von De Gordel als Sport- und Freizeitevent ständig mehr Bedeutung erlangte, ist in den Reden der Veranstalter über die verschiedenen Ausgaben hinweg das politische Element stets vorhanden gewesen. Die Sensibilisierungsmaßnahme richtete sich vor allem an den Rest Flanderns, dem die der Situation im flämischen Rand ziemlich gleichgültig war. Seit dem ersten Gordel hat die Gemeinschaftsproblematik beinahe ununterbrochen die politische Tagesordnung beherrscht. In den letzten Jahren schob sich vor allem die Forderung nach der Teilung des Wahlbezirks in den Vordergrund. Für Politiker waren diese jährlichen Veranstaltungen deshalb eine hervorragende Gelegenheit, um in die Medien zu kommen und sich sowohl sportlich als auch flämisch zu profilieren, unter anderem mit politischen Botschaften auf den T-Shirts.
Reactionen
Jauf der Strecke von De Gordel oder das Umsetzen von Wegweisern. In der Anfangsphase und in Zeiten größerer gemeinschaftlicher Streitigkeiten war De Gordel auch mit Gegenwind aus den Verwaltungen der Fazilitätengemeinden konfrontiert. Beim letzten Gordel im Jahr 2012 eskalierten die Schwierigkeiten. Die anhaltende Uneinigkeit über die Nichternennung der drei Bürgermeister und die anstehenden Gemeinderatswahlen 2012 sorgten dafür, dass sich die Gemeinschaften in ihrem Profilierungsdrang überboten. Das Kollegium von Sint-Genesius-Rode weigerte sich, noch weiter ein Treffpunkt zu sein, und auch Linkebeek berief sich auf Sicherheitsargumente und Verfahrensfragen, um De Gordel nicht in der Gemeinde stattfinden zu lassen. Letztlich konnten Lösungen gefunden werden und die letzte Ausgabe von De Gordel verlief problemlos.
La Bretelle
2008 wurde erstmals La Bretelle als französischsprachige Antwort auf De Gordel organisiert. Mit einer vergleichbaren Sportveranstaltung quer durch Brüssel und die Fazilitätengemeinden wollen die Organisatoren die Rolle von Brüssel als Hauptstadt Europas fördern und an die Bande zwischen Brüssel und seinem Hinterland erinnern. Die Werbung für La Bretelle oder De Bretel erfolgt in zwei Sprachen. Die Organisation will sich ebenfalls nicht gegen etwas wenden, sondern komplementär arbeiten. Auf der Webseite wird die Initiative als eine 'Ergänzung zu De Gordel' beschrieben. La Bretelle findet ebenso wie De Gordel jährlich am ersten Septembersonntag statt und lockt einige Hundert Teilnehmer an.
Sportliches Massenevent mit begleitender Animation
Obgleich der Ausgangspunkt der Gordel-Veranstalter war, auf den flämischen Charakter des Rands aufmerksam zu machen, findet sich hiervon auf den Plakaten keine Spur zurück. Mottos wie 'gordelen moet je doen' ('beim Gordel muss man einfach mitmachen') , 'de tofste zondag' ('der tollste Sonntag') und 'Feest' ('Fest') legen den Rückschluss nahe, dass das Sport- und Freizeitelement deutlich im Vordergrund steht. Für die meisten Teilnehmer war De Gordel daher auch ein Synonym für einen alljährlichen Sport- oder Familienausflug. Von einer kleinen Radveranstaltung hatte sich De Gordel zu einem professionell organisierten Massenevent mit verschiedenen Strecken für Radfahrer, Mountainbiker und Spaziergänger (mit verschiedenen Themenspaziergängen und Rollstuhlstrecken) entwickelt, aber auch die begleitende Animation für alle Altersgruppen und Musikdarbietungen machten De Gordel immer mehr zu einem Sportfest. Bloso richtet sich an jedermann und das Gordel-Angebot musste deshalb auch ein möglichst breites Publikum – von Sportliebhabern bis zu Freizeitsportlern – erreichen. Werbekampagnen mit niedriger Zugangsschwelle, viel Aufmerksamkeit in den Medien und jedes Jahr ein Gordel-Lied3, gesungen von den jeweils populären Künstlern, trugen dazu bei, viele Menschen mobilisieren zu können. Partner bei der Organisation von De Gordel waren über die Jahre hinweg unter anderem die flämischen Behörden, die Provinz Flämisch-Brabant, Radio 2, die Gemeinschaftszentren und vzw 'de Rand'.
Gordel für Schulen
Am Rande von De Gordel wurde ab 1996 am Ende des Schuljahres auch De Gordel voor Scholen als Alternative zum Schulausflug organisiert. Dahinter steht die Absicht, den Teilnehmern – Vorschulkindern und Schülern des Primär- und Sekundärunterrichts – diverse Wanderungen und Radtouren in den Randgemeinden anzubieten. Zum Abschluss ist ein Animationsprogramm vorgesehen und es gibt Auftritte von Musikgruppen. An der letzten Ausgabe im Jahr 2012 nahmen mehr als 22.000 Teilnehmer aus 267 Schulen teil.
Ein neues Gordel-Konzept: das Gordelfestival
Nach 32 Ausgaben verändert De Gordel sein Konzept. Im Vorfeld von De Gordel 2010 erkärte Bloso-Generalverwalterin Carla Galle, dass es Zeit sei, etwas Neues zu machen. Es wurde mit den Vorbereitungen für ein großes Sportevent im Rand rund um Brüssel am ersten Sonntag im September 2013 begonnen.4 Ab 2013 koordiniert die vzw 'de Rand' die neue Veranstaltung, die 'Gordelfestival' heißen soll. Die Betonung liegt weiterhin auf Sport und Bewegung, aber Tourismuswerbung und Kultur- und Musikerlebnis werden ebenfalls zu Grundzutaten. Bloso und die Provinz Flämisch-Brabant kümmern sich jeweils um die Elemente Sport und Erholung sowie Tourismuswerbung.
FUSSNOTEN
1 De Broyer Jan, Sociale marketing, 1983, pp. 93-100.
2 Bellon Michaël, 30 jaar gewogen en bewogen, 2010, pp. 36 e.v.
4De Standaard, 29 juli 2012, De Gordel wordt samen met kieskring BHV begraven, Farid El Mabrouk.
QUELLE UND NÄCHERE AUSKÜNFTE
- Bellon Michaël, 30 jaar gewogen en bewogen. Geschiedenis van de Gordel, Jubileumboek, Bloso, 2010.
- De Broyer Jan, Sociale marketing. De sensibiliseringscampagne 'waar Vlamingen thuis zijn', Brussel, Vrije Universiteit Brussel, onuitgegeven licentiaatsverhandeling, 1983, pp. 93-100.
- Gordelfestival - website
- Bloso - website
BILDER
- Poster De Gordel, 1981 - 2012, Bloso-Gordelsecretariaat. Vielen Dank an General-Koordinator Luk Peirlinck.