Author(s)
Mares Ann
Source

Dokumentationszentrum über die Vlaamse Rand, 2010

Organisation
Documentatiecentrum Vlaamse Rand
Year
2010
Language
DE
Egmont

Einführung

Der Egmont-Pakt bzw. das Egmont-Abkommen ist zusammen mit dem Stuyvenberg-Abkommen Teil des sogenannten Gemeinschaftspaktes, mit dem die Gemeinschaftsprobleme endgültig gelöst werden sollten. Der Egmont-Pakt war das Ergebnis eines Kompromisses, der am 24. Mai 1977 von Premierminister Leo Tindemans, seinem Kabinettschef Jan Grauls sowie von den Vorsitzenden der Regierungsparteien CVP, PSC, BSP-PSB, Volksunie (VU) und Front démocratique des francophones (FDF) im Egmont-Palast unterzeichnet wurde. Während der Verhandlungen von Stuyvenberg (17.-23. Februar 1978) wurde der Egmont-Pakt teilweise geändert.

Situieren

Dieser historische Pakt zwischen Flamen, Wallonen und Brüsselern wurde schließlich nicht umgesetzt. Die Gründe dafür müssen in der strikten Ablehnung des Paktes innerhalb und außerhalb der Regierungsparteien, den Stellungnahmen des Staatrates, der sich gegen einige Pfeiler des Abkommens aussprach, den unterschiedlichen Auslegungen des Abkommens durch Flamen und der französischen Sprachgruppe, den internen Spannungen in den Parteien und dem schwierigen Verfahren des Zustandekommens gesucht werden. Am 11. Oktober 1978 erklärte Premierminister Tindemans in der Kammer, dass die Verfassung für ihn kein ''Fetzen Papier'' sei und bot anschließend seinen Rücktritt an. Damit war der Gemeinschaftspakt endgültig vom Tisch. Einige Elemente des Abkommens wurden in späteren Verfassungsrevisionen aufgegriffen; andere wiederum dienen immer wieder als Grundlage bei der Suche nach einem Kompromiss für gemeinschaftliche Probleme.

Das Abkommen sah eine umfassende Staatsreform vor, mit mehr Autonomie für die drei Gemeinschaften - mit eigenen Räten und Regierungen und einer Dekretbefugnis - sowie die Gründung von drei Regionen, die ebenfalls über eigene Räte und Regierungen mit dem Recht, Ordonnanzen zu erlassen, verfügen sollten. Das Abkommen bildete demnach die Grundlage für die heutige föderale Staatsorganisation. Die Gemeinschaften sollten für personengebundene Angelegenheiten zuständig sein, die Regionen für gebietsgebundene Angelegenheiten - ein Konzept, das in einer späteren Staatsreform tatsächlich umgesetzt werden sollte.

Weniger bekannt dagegen ist, dass der Egmont-Pakt zudem die Abschaffung der politischen Strukturen der Provinzen vorsah, um sie durch 25 Teilregionen und eine Reform der Kammer und des Senats zu ersetzen. Die Region Brüssel-Hauptstadt sollte weiterhin auf 19 Gemeinden beschränkt bleiben und die Mitglieder des Brüsseler Regionalrates sollten über einsprachige Listen gewählt werden. Regieren im Konsens und das Verfahren der Alarmglocke waren weitere Maßnahmen, um einer Minorisation der niederländischen Sprachgruppe entgegenzuwirken. In den Brüsseler Gemeinden und in den sechs Fazilitäten-Gemeinden sollten Gemeinschaftliche Gemeinschaftskommissionen gebildet werden, so dass die personengebundenen Angelegenheiten von den Gemeinschaften selbst geregelt werden konnten. So erhielt der französische Gemeinschaftsrat die Möglichkeit, soziokulturelle Aktivitäten in den Fazilitäten-Gemeinden finanziell zu unterstützen. Auch andere Garantien für die niederländischsprachige Sprachgruppe in Brüssel wurden an die Situation der französischsprachigen Sprachgruppe in den sechs Randgemeinden geknüpft. Darüber hinaus übernahm der Minister des Innern die administrative Kontrolle.

Der Gemeinschaftspakt sah eine Vereinbarung über die Spaltung des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde mit einer Apparentierung (Listenverbindung) der flämischen Listen mit denen aus Löwen vor.

Recht auf Eintragung in das Bevölkerungsregister

Zur Regelung der Beziehungen zwischen Brüssel und den Randgemeinden wurde das Recht der französischsprachigen Bevölkerung auf Eintragung in das Bevölkerungsregister einer Brüsseler Gemeinde als Gegengewicht zu den Sicherheiten der Flamen in der Hauptstadt eingeführt.

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QUELLE: egmontberichten, Nr. 4, Zeitschrift des Egmont Komitee, Mai 1978

Das Eintragungsrecht galt in den sechs Fazilitäten-Gemeinden und in den sogenannten Egmont-Gemeinden Alsemberg, Beersel, Dilbeek, Groot-Bijgaarden, Sterrebeek, Sint-Stevens-Woluwe, Strombeek-Bever, sowie in den Bezirken ’t Voor (Vilvoorde), Jezus-Eik (Overijse) und Zuun (Ruisbroek).

Die französischsprachigen Einwohner der Gemeinden konnten sich fiktiv in das Bevölkerungsregister einer Brüsseler Gemeinde eintragen lassen und erhielten dadurch bestimmte Sprachfazilitäten und ein Wahlrecht für Kandidaten aus Brüssel. Durch das Stuyvenberg-Abkommen blieb dieses Recht in den Fazilitäten-Gemeinden von unbestimmter Dauer, während es in den anderen Gemeinden auf 20 Jahre, d.h. bis 1998, befristet war. Das Recht auf Eintragung in das Bevölkerungsregister ermöglichte es zudem, dass sich französischsprachige Kinder in den Egmont-Gemeinden für Kindergärten und Grundschulen in den sechs Fazilitäten-Gemeinden anmelden konnten.

Der Kompromiss stieß bei den Flamen auf massive Kritik. Ebenso wie die Fazilitätenregelung im Sprachenkompromiss von Hertoginnedal wurde auch jetzt vor allem die Regelung für die Randgemeinden von flämischer Seite als nicht akzeptabel abgelehnt. Der Protest mündete in der Gründung des Anti-Egmont-Komitees, das zahlreiche Aktionen wie die Demonstration am 23. Oktober 1977 in Dilbeek organisierte. Eine Reihe von Gemeindeverwaltungen beteiligten sich mit der Aktion ''wo Flamen zu hause'' sind ebenfalls am Protest.

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Protestkarte der Egmont Committee. 70.000 Exemplare wurden unterzeichnet

Der massive Widerstand war unter anderem auf die unterschiedlichen Auslegungen bestimmter Punkte des Abkommens durch Flamen und der französischen Sprachgruppe sowie auf die scharfen Äußerungen gegen das Abkommen in den Medien zurückzuführen. Auch die zunehmenden Spannungen zwischen den Regierungschefs und den Parteivorsitzenden, die den Pakt ausgehandelt hatten, belasteten den Kompromiss schwer. Innerhalb der CVP herrschte große Uneinigkeit, aber auch in anderen flämischen Parteien führte das Abkommen zu Spaltungen. Diese Frage löste schließlich eine große politische Krise innerhalb der Parteien aus, wodurch es zu einem radikalen Bruch in der Volksunie und zu einer Auflösung der letzten einheitlichen Partei in Belgien, der sozialistischen Partei, kam.

inschrijvingsrecht egmont
QUELLE: 18. Januar 1978

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Publication type
Card
Category
Community Relations
Politics / governance
State Reform
Region
Vlaamse Rand